Andacht März 2019

Wunden werden zu Schönheiten

Vor einigen Monaten habe ich Kintsugi entdeckt, eine japanische Reparatur-Methode für Keramik. Dabei werden die Porzellanbruchstücke mit Lack verklebt und mit feinem Goldpulver bestreut. Das Ergebnis ist ein wunderschöner und, durch die mit Gold veredelten Risse, einzigartiger Gegenstand.

Die neu entstandenen Tassen, Schalen und Teller ziehen immer wieder meinen Blick an. Es fasziniert mich, wie aus Zerbrochenem, scheinbar Nutzlosem, etwas Wunderschönes und Brauchbares entsteht.

    Alles beginnt mit Scherben und Zerbruch.
    In ganz unterschiedlicher Weise kenne ich das auch aus meinem Leben.

    • Da ist der unerfüllte Kinderwunsch, ein Traum, der zerschlagen wurde,
    • da sind damit verbundene Lebensziele und -pläne, die zerbröselt sind,
    • da gibt es Freundschaften, die durch Missverständnisse, Schweigen, vielleicht sogar einen Streit zerbrochen sind,
    • da sind Worte und Taten, die Distanz zu Mitmenschen brachte
    • da ist Verzweiflung, Ohnmacht und Hilflosigkeit gegenüber Gott, der doch alles zum Besten führen wird,
    • da ist …

    Zerbrochen, entzwei, scheinbar nicht mehr Heil zu machen, liegen Bruchstücke vor mir.
    Wegwerfen, neu anfangen?
    Das gelingt mit Keramikscherben leichter als mit Lebensscherben.

    Bei Kintsugi gibt es jemanden, der die Scherben wieder zusammenfügt. Selbst fehlende Teile können mit Lack und Goldpulver ergänzt und eingefügt werden.

    Für meine Lebensscherben gibt es nur eine Anlaufstelle – Jesus!
    Bei IHM sind sie in den besten Händen.
    Er kann zusammenfügen und heilen.
    Manchmal braucht es Mut, mit meinem Zerbruch zu Jesus zu gehen.

    Wie gehe ich damit um, dass ich Jesus meine Scherben bringe?

    Was wird ER daraus machen?

    Wo tut Heilung vielleicht auch weh?

    Kann und will ich offen sein für SEINE Idee mit meinem Zerbruch?

    Es braucht einen guten Blick, um die Scherben wieder an die richtige Stelle zu setzen. Der Lack wird aufgetragen und Bruchkanten vorsichtig aufeinandergesetzt.
    Nach der Trocknung wird die Klebenaht geglättet und verschliffen.

    Nicht nur der Zerbruch tut weh, auch der Weg zur Heilung kann schmerzhaft sein.
    Bruchstellen werden wieder berührt. Manchmal erscheint es mir, als ob Jesus seinen Finger genau an die schmerzende Stelle legt.

    • Hier brauch ich Korrektur,
    • hier brauch ich Veränderung,
    • hier brauch ich Erneuerung,
    • hier brauch ich Verständnis,
    • hier brauch ich Liebe,
    • hier brauch ich ...

    Bei allem Schmerz erlebe ich Jesus als behutsam und liebevoll.
    Seine Gegenwart ist Balsam auf die Seele und ich merke, wie Heilung geschieht.

    Nach dem Verkleben ist das Keramikgefäß wieder ganz. Die Bruchstelle ist deutlich zu sehen.
    Bei Kintsugi erfolgt dann der letzte Schritt – die Veredelung. Noch einmal wird Lack aufgetragen und mit feinem Goldpulver bestreut.

    Heilung heißt nicht, dass alles wieder wie vor dem Zerbruch wird. Aus diesem Prozess gehe ich verändert hervor.

    Ja, ich wurde verletzt, habe auch andere verletzt. Und doch habe ich den Schritt gewagt, habe meine Scherben zu Jesus gebracht, habe sie IHM anvertraut und durfte erleben, dass Heilung geschehen kann.

    Bei der Kintsugi-Technik begeistert mich, dass Fehler nicht vertuscht werden. Nein, sie gehören dazu.

    In meinem Leben wird es Fehler geben, wird es immer wieder Scherben geben. Das gehört zu meinem irdischen Dasein.

    Jesus gibt mich deshalb nicht auf.
    Jesus schickt mich deshalb nicht weg.
    Bei IHM darf ich Vergebung, Heilung, einen wertvollen Goldhauch erfahren.

    Dabei kann es geschehen, dass meine Wunden eine Schönheit in mir sichtbar machen kann. Ebenso kann meine Schwachheit zum Gefäß werden für Gottes Herrlichkeit.

    nach Ann Voskamp

    Brüche und Zerbruch in meinem Leben muss nicht das Ende bedeuten. Es kann der Anfang von etwas Neuem sein, eine Bereicherung, eine Ergänzung.

    Wenn ich es zulasse, komme ich Jesus im Heilungsprozess ganz nahe. Er berührt meine wunden Punkte, legt ein Stück von sich selbst in mich hinein. Ich habe den Heiland gesehen und dieses Licht strahlt, oft auch für andere sichtbar, durch meine Wunden und Risse hindurch – Goldhauch eben.

    Simone im März 2019


    Fußnoten:
    Bilder: privat
    Zeichnungen: privat