Hannah (AT)

Dunkelheiten entgegentreten

Gemeinsam feiern, fröhlich sein, zusammen sitzen, reden, lachen, essen, sich austauschen, quirliges Chaos und buntes Familientreiben. Heitere Atmosphäre beim Familienfest.
Was für viele das Familienhighlight des Jahres ist, war für Hannah eine dunkle Zeit.
Wie jedes Jahr ging es nach Silo, um Gott dem Herrn ein Opfer zu bringen.
Eine harte Zeit für Hannah, denn gerade an diesen Feiertagen war der Schmerz der Kinderlosigkeit besonders groß.

Nicht nur Familientreffen, wie z.B. Weihnachten, Geburtstage, Muttertage, können für kinderlose Paare eine große Herausforderung werden.
Auch andere Events wie Feiern im Freundeskreis, Gemeindefeste, manchmal auch simple Vorstellungsrunden können uns kinderlosen Paaren dunkle Momente bescheren.

Welche Schwangerschaften werden verkündet?
Drehen sich wieder alle Gespräche um die Kinder?
Welchem Kinderglück sitze ich dieses Mal gegenüber?
Interessiert sich jemand offen und ehrlich für mein Leben?
Name, Wohnort, Beruf, … eine Stille bleibt.

Die Männer finden oft ihre Themen. Die Frauen tauschen sich über ihre Kinder aus.
Als glückliche Ehefrau, aber mit unerfülltem Kinderwunsch, fühle ich mich fehl am Platz. So manche Veranstaltung zeigt mir, was mir, was uns fehlt

Hannah versucht tapfer durchzuhalten. Was für die Außenwelt nicht ersichtlich ist, ist für ihren Ehemann sehr wohl sichtbar.
Er kennt seine Frau. Er selbst leidet mit an dem Schmerz der Kinderlosigkeit.
Auch seine aufmerksamen Liebesbeweise reichen in diesem Moment nicht aus, um seine Frau zu ermutigen.
Tiefer Schmerz, tiefe Dunkelheit hüllen Hannah ein.

Das Erleben, die bewussten und unbewussten Sticheleien, all das raubt ihr den Appetit, zieht sie nur noch mehr in die innere Finsternis.

Es schmerzt sehr, wenn man sieht und spürt, dass man nicht dazugehört, am Rand steht. Kinder erleichtern den Kontakt zu Menschen, schaffen oft auch die Grundlage für Begegnung. Als Kinderlose muss man Kontakte und Freundschaften viel aktiver angehen. Wir können nicht einfach mitreden wenn es um Kindergarten und Schule geht.Die Kinderlosigkeit fordert auch die Ehen sehr heraus.
Ein Partner leidet mehr als der andere.
Der Schmerz des anderen muss ausgehalten werden.
Worte fehlen, Trauer wird unterschiedlich verarbeitet.
Manchmal kommt der Gedanke dazu, dass es mit einem anderen Partner vielleicht geklappt hätte.

    
Die Dunkelheit der Kinderlosigkeit zieht sich durch alle Lebensbereiche und manchmal hat man den Eindruck, dass es nie wieder hell werden wird.
   

„Da stand Hannah auf“ so lesen wir in 1. Samuel 1, 9 (Die Bibel).
Sie trifft eine Entscheidung und steht auf.
Sie geht dorthin, wo sie einfach Hannah sein darf. Dorthin, wo es Licht, Leben, Liebe und Hoffnung gibt.
Im Tempel, in Gottes Gegenwart darf sie sein – mit allem Schmerz, allem Unverständnis über ihre eigene Lebenssituation, mit der Trauer die sie immer tiefer zieht. Dort lässt sie alle Tränen, allen Schmerz heraus, ringt mit ihrer Situation und schreit sie ganz leise Gott entgegen.

Die Worte fehlen. Da ist nur noch Ohnmacht.
Gott ist doch ein Gott der kann, der Wunder tut, der alles zum Guten führt, der das Beste für mich will.
Das Leben liegt in Trümmern, denn Ehe und Familie gehören doch zusammen.
In Deutschland ist es ca. jedes 7. Ehepaar, das ungewollt kinderlos ist. Wenn man den unerfüllten Geschwisterkinderwunsch mit in diese Rechnung einbeziehen würde, dann wäre die Zahl um ein vielfaches höher.

„Heute stelle ich den Himmel in all seiner Macht durch Gottes allmächtige Gnade zwischen mich und die Kräfte der Dunkelheiten.“

aus Irlaund


Genau das tut Hannah in dem sie sich auf den Weg in die Gegenwart Gottes macht.
Es braucht Mut, Kraft und den Entschluss dazu, sich abzuwenden von der Dunkelheit und sich hinzuwenden zu Gott.

Hannah bedeutet Gnade. Gnade zu erfahren ist für mich der einzigartige Liebesbeweis Gottes für uns Menschen.
In Gottes Gegenwart wird Hannah mit seiner Liebe beschenkt.
In seiner Gegenwart wird ihr die Identität als Kind Gottes zugesprochen.
In seiner Gegenwart wird ihr die Würde eines Königskindes verliehen.

Es sind die ersten hoffnungsvollen Lichtstrahlen die hineinbrechen in die Dunkelheit.
Ganz oft strahlen diese Hoffnungsschimmer dann auch aus diesen Menschen hervor.
Schon einige Male durfte ich diesen besonderen Moment bei unseren Hannahs-Events erleben.

Offenheit trotz komischer Blicke von außen. Selbst unter der Beobachtung des Priesters Eli bleibt Hannah dabei und hält ihren ganzen Schmerz Gott hin. Sie lässt sich nicht einschüchtern, weiß, dass ihre Worte vor Gott Bedeutung und Wert haben. Hier kann sie ehrlich sein, muss keine Angst vor Angriffen und Verletzungen haben.

Die Entscheidung, Gottes Gnade zwischen sich und die Dunkelheit zu stellen schafft Veränderung bei Hannah. Sie ist nicht nur aufgestanden aus ihrer Not, sie steht nach der Begegnung mit Gott auch selbst aufrecht. Gestärkt von Gott kann sie aufrecht gehen, selbstbewusst den Anschuldigungen des Priesters begegnen.

Indem Hannah ihr Herz vor Gott ausschüttet, findet sie auch Menschen gegenüber Worte. Viele Ehepaare mit unerfülltem Kinderwunsch tragen die Trauer über ihre nie erhaltenen Kinder jahrelang allein mit sich herum.
Zu groß die Scham, was andere darüber denken.
Zu groß die Angst, mit schnellen Kommentaren abgefertigt zu werden (z.B. das wird schon noch).
Zu intim das Thema, denn es fühlt sich so an, als würde man Fremde mit ins eigene Schlafzimmer nehmen.
Mit dem „Outing“ macht man sich sehr verletzlich. Und welche Kommentare muss man sich anhören, wenn es dann doch noch klappt?

Eli hat aber auch eine feinfühlige Seite. Er erkennt seinen Irrtum und segnet Hannah.
„Geh hin in Frieden! Der Gott Israels wird dir deine Bitte erfüllen, die du von ihm erbeten hast.“

Es tut unendlich gut, wenn uns Menschen von der Dunkelheit ins Licht begleiten.
Es ist heilsam, wenn sie uns in Gottes Gegenwart hineinbeten.
Es sagt mehr als tausend Worte, wenn sie uns einfach nur in den Arm nehmen,
uns zeigen, dass sie da sind, unseren Schmerz verstehen.

Für mich persönlich war es ein großes Geschenk andere kinderlose Ehepaare kennenzulernen. Ja, es hat einiges an Mut gekostet, aber ich durfte erleben, dass mich diese Gemeinschaft nicht wieder in die Dunkelheit zieht, sondern mich ermutigt ins Licht zu gehen.
Gemeinsam unterwegs zu sein, sich verstanden fühlen in dieser herausfordernden Lebensführung. Ermutigung zu erfahren auch über die Kinderwunschzeit hinaus.
Zu wissen, dass ich auch in Zukunft Menschen um mich haben werde, die an meiner Seite stehen, wenn irgendwann alle anderen nur noch von ihren Enkeln erzählen.

    
 

Eli spricht eine Verheißung aus. Hannahs Bitte soll erfüllt werden.
Hannah wird schwanger. Ihre, auf den ersten Blick sichtbare, Bitte wird erhört.
Aber Hannah trägt noch eine andere Bitte in sich. Sie sieht welch unguter priesterlicher Nachwuchs da heranwächst. Sie hat erlebt, dass der Priester Eli der Jungend nichts entgegenzusetzen hat. Hannah hat einen Wunsch für Ihr Volk. Es soll wieder einen Priester geben, der den Herrn groß macht.

Hannahs Blick hat sich geändert. Nicht mehr nur ihr eigener Kinderwunsch soll erfüllt werden, sondern Gottes Wille soll geschehen. Auch wenn Gott nicht alle unsere Wünsche erfüllt, so steht er treu zu seinen Verheißungen.
Das ermutigt mich und zeigt mir so oft, dass es ein erfülltes Leben trotz unerfüllter Wünsche gibt.

„Und die Frau aß und hatte nicht mehr ein so trauriges Gesicht“ so lesen wir in 1. Samuel 1, 18.

Es tut uns gut, wenn wir mutig sind, uns einen Platz, einen Ort, Gott, einen Menschen suchen, der uns gut tut. Ehrlich sein, aufrichtig sein, keine Angst haben müssen und gestärkt aus dieser Situation herausgehen.

Und so ermutige ich Dich heute, den Himmel in all seiner Macht durch Gottes allmächtige Gnade zwischen Dich und die Kräfte der Dunkelheiten zu stellen.
 


Simone, die gerne mit Menschen von der Dunkelheit ins Licht unterwegs ist.