Andacht November 2025
Dein Wille geschehe ... (Matthäus 6, 10)
In manchen Gemeinden wird das Vaterunser jeden Sonntag gesprochen. Ein Gebet, das oft auch Menschen auswendig können, die wenig Bezug zur Kirche haben. 
 "Dein Wille geschehe" - wir sprechen es, aber was bedeutet es wirklich? Was hat es für eine Auswirkung, wenn ich es bete? Kann ich es von ganzem Herzen ehrlich beten? 

In manchen Liedern lasse ich bewusst eine Zeile aus und singe sie nicht mit. Ich weiß, dass, wenn ich den Inhalt singen würde, mein Herz den Inhalt so nicht gänzlich fühlen würde. Beim Vaterunser lasse ich nichts aus.... So habe ich mir vorgenommen, will ich manches für mich noch mal durchbuchstabieren, um innere Klarheit zu bekommen. Was heißt es eigentlich wirklich, wenn ich es bejahend bete?
"DEIN Wille geschehe" - was bedeutet das für dich? 
 Sicherheit? Kapitulation? Entlastung? ...
DEIN Wille - nicht MEIN Wille...
 Mhm... MEIN Wille ist doch eigentlich prima... Deckt sich mein Wille vielleicht doch auch mit Gottes Wille!? Schließlich will ich ja nichts Verwerfliches, ich meine es doch eigentlich gut ... Aber letztlich ist es so: MEIN Wille ist meine begrenzte Sicht. MEIN Wille, MEINE Idee ist manchmal anders als die meines Gegenübers. Nicht unbedingt gegensätzlich, nicht so, dass man sich nicht irgendwie zusammenfinden könnte, aber dennoch so, dass ich merke, dass, wenn ich auf meinen „guten Willen“ immer beharren würde, es keine gute Gemeinschaft gäbe. 
Somit forsche ich in der Literatur und im Internet und lese, was andere zu dem Thema „Gottes Wille“ für sich erkannt haben.
Heiko Metz1 schreibt dazu:
  
"Dein Wille geschehe“ – das klingt erstmal nach Aufgabe.
 Nach Selbstaufgabe. Nach: Ich zähle nicht.
 Aber genau das meint es nicht. […]
 Es geht nicht darum, dich selbst kleinzumachen.
 Sondern darum, dich nicht selbst überfordern zu müssen.
 Nicht alles in der Hand behalten zu wollen.
Sondern zu vertrauen.
 In einen Gott,
 der den Überblick hat.
 Der es gut meint – mit dir,
 mit dieser Welt,
 und auch mit den anderen."
Das fasziniert mich und fordert mich heraus: Gut für mich und gut für die anderen. War nicht so auch Gottes Idee, als er die Welt schuf? War da nicht auch für jedes Geschöpf gleichermaßen alles gut? In Gottes Schöpfung gab es kein "Fressen und gefressen werden". Jedes Lebewesen durfte leben, kein Töten, kein Schuldigwerden, alle durften bestehen. Erst mit der Übertretung, dem Sündenfall im Paradies, dem Essen der Früchte des verbotenen Baumes, kam Tod und Sünde in die Welt, der Kampf um den besten Platz, das Vornedran sein müssen, Erster, Bester, Bevorzugter sein zu wollen.
Diese Entwicklung hatte Gott sich für seine Schöpfung nicht vorgestellt. Sein Plan war das nicht. Nicht alles, was geschieht, ist somit Gottes Wille. Und auch nicht alles, was ich meine, was mein „Recht“ ist, was mir guttut, ist das, was sich mit Gottes Idee für mich deckt. Aber Gottes Wille ist es (Heiko Metz)2:
"Dass du lebst.
 Dass du heil wirst.
 Dass du nicht untergehst in Angst, Schuld und Überforderung."
Sein Wille, der gut ist, der dich in seine erdachte Schöpfung führt, will dich ins Leben und in die Weite führen. Gottes Wille ist es nicht, das du fürchten musst, dass du zu kurz kommst. Sein Wille will dich weiterführen, raus aus deiner eigenen Enge, dem Getriebensein, der Überforderung (genug sein zu müssen, alles (alleine) schaffen zu müssen, geliebt/anerkannt sein zu müssen, ... zu müssen), rein in ein weites gutes Land.
Das Leben in Gottes Willen ist unsere Chance, zur Ruhe zu kommen, ohne das Gefühl zu haben, Verlierer zu sein. Heiko Metz schreibt3:
"Dein Wille geschehe. Nicht als Kontrollverlust. Sondern als Vertrauensangebot.
 Dein Wille geschehe, weil du nicht alles wissen musst.
 Weil du nicht allein gehst.
 Weil es einen Weg gibt, der dich trägt."
Bewusst möchte ich diesen Satz im Vaterunser in Zukunft sprechen. Ich möchte die Befreiung spüren, die darin liegt. Die Bewegung, die mich wegreißt von dem Gefühl, vielleicht doch benachteiligt zu werden, doch zu kurz zu kommen im Gesehen werden, der Liebe, dem Bedachtwerden,... Ich möchte mir bewusst machen, dass es eine riesige Chance, ein Privileg ist, Gottes Willen immer wieder zu erbitten. Denn dann kann ich gewiss sein: Es geht allen gut - dem anderen und auch mir.

Ein neuer Blickwinkel auf diesen Satz. 
 Er erleichtert mich. 
 Wie geht es dir mit diesem Gedanken? 
 Zu erkennen, dass es nicht meine Verantwortung ist, den besten Weg in einer Sache zu finden, sondern getrost zu sein, dass Gott ihn kennt, das macht mich freier. 
 Es bestärkt mich, einmal mehr nach Gottes Willen zu fragen, wenn ich durch meinen Alltag gehe oder es Entscheidungen zu treffen gilt.
Wie oft ist mein Blick nur auf mich, meine Perspektive und meinen kleinen Horizont beschränkt. Gott hat Überblick, Weitblick und blickt mit Güte auf uns.
Mit dieser Gewissheit will ich leben und Entscheidungen treffen im beruflichen wie auch im privaten Kontext, die dann gut für mich und die anderen sind. Mit neuen Blickwinkeln, die ich hätte gar nicht sehen können, aber für die Gott mir Herz und Augen öffnet. Ich will den anderen zuhören, um sie zu verstehen und mit ihnen ins Gebet gehen, um gemeinsam nach Gottes Willen zu fragen. Wir dürfen alleine und gemeinsam um seine Erkenntnis bitten, im Vertrauen darauf, dass seine Sicht gut ist. Was für ein Vorrecht, was für eine Erleichterung!
Mit diesem neuen (neu erinnerten) Blickwinkel starte ich in den Monat November und möchte offen sein für Gottes Perspektive, seine Draufsicht auf mein Leben. 
 Bewusst will ich die Sonntage und das Vaterunser als Erinnerung nehmen, auch im Kleinen Gottes Willen zu erfragen, zu erkennen und danach zu leben. 
In der Bibel bin ich auf folgende Verse gestoßen, die sich auch mit dem Willen Gottes beschäftigen. Vielleicht regen sie uns ja zum Weiterdenken an:
 Sprüche 3, 4-5:
 „Verlass dich auf den Herrn von ganzem Herzen und verlass dich nicht auf deinen Verstand.“
 Psalm 25, 4-5
 „Herr, zeige mir deine Wege und lehre mich deine Steige! Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich! Denn du bist der Gott, der mir hilft; täglich harre ich auf dich“
 Lukas 22, 42
 „Jesus kniete nieder, betete und sprach: Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“
 Römer 12, 2
 „Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.“
Sei bewahrt und behütet auf deinem Lebensweg, mit allen großen und kleinen Herausforderungen in der Gewissheit, dass Gott dich sieht und mit dir ist!
