Andacht Dezember 2025
Unter dem Sternenhimmel
Die Sehnsucht nach Gott hat Abraham mutig gemacht, vieles hinter sich zu lassen und Gott und SEINE Verheißungen zu suchen.
Unterwegs zu sein inmitten der Kinderlosigkeit fordert auch uns immer wieder heraus.
- Warum gerade wir?
- Welcher Weg, vielleicht auch inpuncto Medizin oder Pflege und Adoption ist dran?
- Wozu soll das gut sein?
- Was hat Gott dann mit mir, mit uns vor?
- Wo ist mein Platz in der Gesellschaft in der Gemeinde?
- Wie sieht „geistliche Elternschaft“ aus?
- Was ist meine Berufung?

Mit den Jahren und dem unterwegs sein auf dem Weg der Kinderlosigkeit, wird manches gewohnter, manches hat sich geformt und irgendwie hat man tatsächlich gelernt, diesen Weg zu gehen.
Dennoch gibt es Momente, in denen einen der Schmerz, die Fragen, die Kinderlosigkeit (manchmal hinterrücks) wieder überrollen.
Wie beruhigend, dass es auch Abram so erging. Da saß er in seinem Zelt und fragte sich, was aus ihm werden soll.
Volker Gäckle1 hat das mal in folgende Worte gepackt:
„Was wird aus mir?
Man muss ein wenig die Hintergründe kennen, um diese Frage verstehen zu können.
Am Anfang seines Weges mit Gott stand für Abraham eine große Verheißung, eine dreifache Verheißung: Volk, Land und Segen.
Land hatte er mittlerweile, Segen im materiellen Sinn hatte er auch. Aber Nachkommen hatte er noch keinen. Und über dem Warten wurde er älter und älter.
Und nun müssen wir eines verstehen:
Die Nachkommensfrage war für Abraham die Ewigkeitsfrage. Nachkommen waren für Abraham das, was seinem Leben Zukunft gab. Abraham kannte noch keine Auferstehungshoffnung.
Die ganze Hoffnung es alttestamentlichen Menschen richtete sich darauf, hier auf dieser Erde in seinen Nachkommen weiterzuleben. Deshalb waren Kinder für die alten Israeliten so wichtig.
In ihnen lebten sie hier auf Erden weiter. Sie garantierten die Kontinuität des eigenen Lebens.
Sie garantierten dafür, nicht vergessen zu werden. Und in den Kindern wurde der Israelit Teilhaber der Erfüllung der göttlichen Verheißung. Und ohne Nachkommen konnte Abraham nicht Teilhaber von Gottes Verheißung werden. Ohne Nachkommen keine Zukunft!“
- Was wird aus mir?
- Wird mein Name vergessen werden?
- Wird mein Leben nur ein flüchtiger Moment bleiben, der vom Winde verweht wird?
Ich glaube, dass sich dieses Denken, diese Sehnsucht nach Fortbestand auch in uns wiederfindet.
Wenn Monat für Monat, Jahr für Jahr klarer wird, dass der Kinderwunsch unerfüllt bleiben wird, dann kommen auch wir ins fragen, ins zweifeln, ja, was wird aus mir?
Welchen „Lebenssinn“ habe ich? Welche „Lebensaufgabe“ erfüllt mich?
Und mit den Jahren fragt man sich auch, wie die Zeit des Ruhestandes ohne Enkel gefüllt werden will.
Mein lieber Mann hat vor einigen Jahren mit Leidenschaft den Stammbaum der Familie bis ca. 1580 zurückverfolgt.
Auch wenn dieser Stammbaum von einigen Lebenskrisen und Lebenswunden berichtet, so tat es mir schon in der Seele weh, zu sehen, dass unsere Linie aufhört.
Da geht nichts weiter. Ende.
Begrenzte Sicht, begrenztes Leben, verbrauchte Luft, wenig Perspektive.
Das erlebte und durchlebte Abraham an diesem Abend in seinem Zelt.
- Wo erlebst Du gerade Begrenzung?
- Was engt Dich aktuell ein?
- Welche Gedanken drücken Dich momentan nieder?
- Welche Fragen stehen in Deinem Zelt?
Mich bewegt es immer wieder neu, dass Gott in Beziehung zu uns leben möchte. Er ist ein Gott, der mich sieht, der mich wahrnimmt, der mich versorgen möchte.
Mitten hinein in die abwärtsdrehende Gedankenspirale von Abraham spricht Gott:
„Fürchte dich nicht, Abraham; ich bin dir ein Schild, ich werde deinen Lohn sehr groß machen.“
(1. Mose 15, 1)
Hier will ich noch einmal Volker Gäckle2 zitieren:
„Abraham hatte Angst davor, von diesem Gott betrogen worden zu sein, Angst davor, zum Gespött des gesamten Orients zu werden, Angst davor, dass ein Leben ohne Zukunft und damit ohne Sinn bleibt.“
Abrahams Gedanken sind mir nicht ganz fremd.
Nicht alle erlebe ich gleich intensiv, aber ja, manchmal fühle ich mich von Gott betrogen.
Betrogen, weil ich seinen Schöpfungsauftrag inpuncto Kinder nicht ausleben kann.
Betrogen, weil er mir das vorenthält, was doch irgendwie zu einer Ehebeziehung gehört.

Gottes „Fürchte dich nicht“ galt damals Abraham.
Mitten hinein in Dein Erleben spricht ER auch Dir zu: „Fürchte dich nicht!“
„Fürchte dich nicht, ich bin dir ein Schild!“
Wenn ich das in mein, in dein Leben übersetze, dann heißt das doch:
„Du musst dich nicht fürchten, weil ich der bin, der dich behütend und beschützend begleitet, wie jemand, der einen Schild über dich hält, wenn du in die Schlacht ziehen musst.“
Manches Mal ist der Weg der Kinderlosigkeit wirklich wie so ein Weg inmitten des Schlachtgetümmels.
Da fliegen schmerzhafte Wortpfeile, da lebe ich zwischen den Fronten, weil das Umfeld, vielleicht auch die eigene Familie mich nicht wahrnimmt, meinen Schmerz mit gut gemeinten, aber wenig hilfreichen Worten übergeht.
Da lebe ich zwischen den Fronten, weil ich eben nicht einfach in Mutter-Vater-Kind-Reha gehen kann, Elternzeit nehmen kann, und und und.
Ich bin froh, dass wir in einem Land leben dürfen, in dem es diese Privilegien für Eltern gibt, dennoch gibt es Tage, da pikst es mich ganz gewaltig.
"Fürchte dich nicht, ich bin dein Schild, zieh ruhig los!“

Gott hat Abraham ausreden lassen. ER hat ihn nicht beschwichtigt, nicht unterbrochen.
Als Abraham fertig war, lockte Gott ihn raus aus seinem Zelt.
Raus aus der Enge, raus aus dem Gedankenkarusell, raus aus der Begrenztheit, hinein in die Nacht.
Was Abraham in dieser Nacht gesehen hat, muss atemberaubend gewesen sein.
Stockdunkle Nacht und ein Meer an Sternen, was das Dunkel durchbricht.
Sterne leuchten nur nachts. Sterne haben nur in der Dunkelheit ihren Glanz.
Dunkelheit muss nicht nur dunkel sein, sie kann auch zum Schatz werden, weil sie unseren Blick auf das kleine, unscheinbare schärft.
Je länger man in den Nachthimmel schaut, je weniger menschengemachtes Licht da ist, desto mehr Sterne sieht man.
Gott fordert Abraham auf:
„Blicke doch auf zum Himmel und zähle die Sterne, wenn du sieh zählen kannst! Und er sprach zu ihm: So zahlreich wir deine Nachkommenschaft sein!“
(1. Mose 15, 5)
Es war noch nichts passiert, keine Schwangerschaft, kein Anzeichen von Nachkommen, schon gar keine zahlreiche Nachkommenschaft.
Lässt Du Dich, vielleicht heute herauslocken aus Deinem Zelt, aus Deiner Zeltsicht?
Ja, draußen kann es dunkel sein, vielleicht auch kalt.
Ich kann Dir nicht versprechen, dass das Leben leichter wird, dass der Kinderwunsch weg ist und die Kinderlosigkeit sich leichter ertragen lässt.
Dennoch, wage den Schritt heraus aus der Begrenztheit, aus der Enge, die Du gerade erlebst – auch wenn es vielleicht grad gar nicht die Kinderlosigkeit ist, die Dich einengt, sondern vielleicht der Job, eine Krankheit, die Gemeinde, oder …
Um die Sterne zu sehen, müssen wir unseren Blick heben.
Wenn ich nach oben sehe, schau ich nicht mehr nur mich selbst an, sondern richte meinen Blick weg von mir. Für mich ist der Blick nach oben auch immer eine Gottesrichtung.
Abraham bekam unter dem Sternenhimmel eine Verheißung.
Wir hätten gerne, dass Gott uns weniger verheißt, dafür mehr beweist. Aber wir bekommen in dieser Welt von Gott keine Beweise, sondern immer nur Verheißungen, immer nur Versprechen.
Was, wenn jeder Stern Zeuge einer Verheißung für Dich ist?

Der eine Stern erzählt Dir:
„In der Welt werdet ihr von allen Seiten bedrängt. Doch fasst wieder Mut, denn ich habe den Sieg über diese Welt!“ (nach Johannes 16, 33)
Ein anderer sagt Dir:
Ich bin El Roi, ein Gott, der Dich sieht. (nach 1. Mose 16, 13)
Der nächste sichert Dir zu:
„Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, auf dem du gehen kannst. Ich will dich beraten, ich lasse dich nicht aus den Augen.“ (nach Psalm 32, 8)
Ein weiterer Stern verspricht Dir:
„Seht euch die Vögel an! Sie säen nichts, sie ernten nichts und sammeln auch keine Vorräte. Euer Vater im Himmel versorgt sie. Meint ihr nicht, dass ihr ihm viel wichtiger seid?“ (nach Matthäus 6, 26)
Manche Sterne nehmen wir gleich wahr, andere müssen wir suchen, und manchmal muss uns ein anderer Mensch einen Stern zeigen.
„Abraham glaubte dem Herrn, und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit.“ (1. Mose 15, 6)
„Da wo wir das Wort „glauben“ lesen, da steht im Hebräischen ein besonderes Verb: „häämin“. Das heißt, sich in etwas oder jemanden festmachen.
Sich festmachen an einem Versprechen – auch wenn ich die Erfüllung noch nicht sehe.
Über die letzten Jahre übe ich das ein. Immer wieder nehme ich mir eine Bibelstelle und bewege sie, entdecke Gottes Verheißung an mich darin.
Sich festmachen an einem Versprechen – auch wenn ich die Erfüllung noch nicht sehe.
Sterne am Nachthimmel, Verheißungen, die Gott mir gibt und ich darf diesen Verheißungen trauen, darf sie glauben, darf mich festmachen daran.
Mache Dich immer wieder in Gottes Wort fest. Mach’s wie Abraham „glaube“, vertraue, und ich bin mir sicher, dass Gott Dich tragen wird, dass er Dich führen wird, dass er Dich leiten wird – auch mitten durch die Nacht.
Gott lädt uns ein aus unserem Zelt herauszukommen.
Gott möchte uns inmitten mancher Lebensdunkelheit seine Verheißungen zeigen.
Gott bietet Dir an, dass Du Dich an IHM festmachen kannst, wenn Deine Kraft nicht reicht.
Und Du darfst Dich auch mit einem zaghaften und kleinen Glauben einhaken bei ihm und leise flüstern:
„Ich glaube Dir.“
Simone im Dezember 2025
(diese Andacht ist eine gekürzte Version eines Impulses vom "Gemeinsam unterwegs" 2024)
Bilder:
https://www.pexels.com/de-de/
Quellen:
1-2) file:///home/sim/Downloads/predigt-prof.-dr.-volker-gaeckle-zu-1.-mose-151-6.pdf
