Andacht November 2018

Jesus sieht Dich

Welche Wünsche und Träume haben wir für unser Leben?
Und was, wenn alles so anders kommt als erwünscht und erhofft?

Kinderlos und verwitwet wird Ruth unerwartet mit Lebensumständen konfrontiert, die sie herausfordern, vielleicht auch überfordern.
Wie soll es weitergehen?
Wo ist Hilfe und Trost zu finden?

Noomi, Ruths Schwiegermutter, zieht es zurück in ihre Heimat, nach Bethlehem.
Auch sie bewegen Fragen:

Wo gehöre ich hin? Wo kann ich mich bergen? Wo finde ich Zuflucht?

Der Wunsch, zurück in ihre Heimat zu gehen wird größer. Aber ist es noch ihre, Noomis, Heimat?

Sie hatten dort alles verkauft. Auch gab es dort keine finanzielle Absicherung, die sie jetzt in Anspruch nehmen konnte.

Auf den ersten Blick erscheint der Weg zurück nicht verständlich. Was bietet Bethlehem, was Moab nicht bieten konnte?

Bethlehem – dort ist Heilsgeschichte
Bethlehem – dort ist Gottes Volk
Bethlehem – dort ist Gott

Für die Menschen damals war es noch nicht greifbar, dass Gott in uns wohnt, dass er da ist, wo ich bin.

Noomi verspürte eine unbändige Sehnsucht nach Gott. Zu ihm zog es sie hin.
Bei ihm erhoffte sich sich Trost, Zuflucht, vielleicht auch wieder neue Hoffnung. Und so ist es nur all zu verständlich, dass sie sich auf den Weg macht.

Wo zieht es uns hin, mitten in Not und Verzweiflung, mitten hinein in Lebenssituationen, die so ganz anders sind, als wir sie uns erhofft und erträumt haben.
Suchen wir Zuflucht bei Gott, in seinem Wort, oder finden wir Ablenkung in den Aufgaben und Vergnügungen der Welt?

Ob Noomi und Ruth die Ankunft in Bethlehem genau zur Gerstenernte geplant hatten, weiß ich nicht. Aber ich bin mir sicher, dass das zu Gottes Plan gehörte.

Auch wenn das neue Leben vorerst kein Zuckerschlecken wird, so waren sie als Witwen erst einmal versorgt. Gott hatte festgelegt, wie sein Volk mit Witwen umzugehen hat, was ihnen zusteht und was man ihnen geben soll.

Ruth ist offen für das neue Leben in Bethlehem.
Sie lernt die Gesetze und Rechte kennen und sie nimmt das Recht der Armen, Witwen und Waisen wahr und geht zum Ährenlesen auf ein Feld.

Ich kann mir gut vorstellen, dass die Sonne und das ständige bücken Ruth zu schaffen machte. Es war harte Arbeit. Aber es war die einzige Möglichkeit zu überleben.
Ruth konnte nicht nachlässig sein, denn es musste ihnen über den Winter reichen – nicht nur für sie allein, sondern sie wollte auch genug für Noomi haben.

Sie war auf Gottes Fürsorge angewiesen, dabei nahm Gott ihr nicht die schwere Arbeit ab, aber er führte sie an einen guten Ort.

Ruth 2, 4-9

Und siehe, Boas kam von Bethlehem her und sprach zu den Schnittern: Der Herr sei mit euch! Und sie antworteten ihm: Der Herr segne dich!
Und Boas fragte seinen Knecht, der über die Schnitter bestellt war: Zu wem gehört diese junge Frau?
Und der Knecht, der über die Schnitter bestellt war, antwortete und sprach: Das ist die moabitische junge Frau, die mit Noomi aus dem Gebiet von Moab zurückgekommen ist.
Und sie hat gesagt: Lass mich doch auflesen und zwischen den Garben sammeln hinter den Schnittern her! Und sie kam und blieb vom Morgen an bis jetzt; sie bleibt nicht lange zu Hause sitzen!
Da sprach Boas zu Ruth: hörst du, meine Tochter? Du sollst auf keinen anderen Acker gehen, um aufzulesen; und begib dich auch nicht weg von hier, sondern halte dich da zu meinen Mägden.
Dein Auge sei auf das Feld gerichtet, wo sie schneiden, und geh hinter ihnen her! Habe ich nicht den Knechten geboten, dass dich niemand antasten soll? Und wenn du Durst hast, so geh hin zu den Gefäßen und trinke von dem, was die Knechte schöpfen!

Was für ein Mann. Was für ein Bild auf Jesus.

Jesus sieht mich – nimmt mich wahr – an dem Platz, an dem ich bin.
Er sieht, ob mir mein Leben gerade leicht fällt, ich es genießen kann und fröhlich bin.
Er sieht aber auch, wo ich Mühe habe, mir der Rücken schmerzt, die Sonne mir zu schaffen macht.

Er fragt nach mir, ich bin ihm wichtig. Er sorgt für mein Wohlergehen.

Das hieß bei Ruth nicht, dass sie einfach nur so einen Sack Gerste bekam.
Nein, sie musste weiter arbeiten, war weiter auf dem Feld. Dabei durfte sie erleben, wie wohlwollend und fürsorgend Boas war.
Er sorgte dafür, dass sie abends weder mit leeren Händen, noch mit einem, für sie, peinlichen Geschenk zu Noomi zurückkehren musste.

Ruth 2, 14-19

Und zur Essenszeit sprach Boas zu ihr: Komm her und iss von dem Brot und tunke deinen Bissen in den Essig! Und sie setzte sich neben die Schnitter. Er aber gab ihr geröstetes Korn, und sie aß und wurde satt und ließ übrig.
Und als sie wieder aufstand, um Ähren aufzulesen, gebot Boas seinen Knechten und sprach: Lasst sie auch zwischen den Garben auflesen und tut ihr nichts zuleide!
Und ihr sollt auch aus den Ährenbündeln etwas für sie herausziehen und es liegen lassen, damit sie es auflesen kann, und ihr sollt sie deswegen nicht schelten!
So las sie auf dem Feld bis zum Abend; und als sie ausgeklopft hatte, was sie aufgelesen hatte, war es etwa ein Epha Gerste (das sind ca. 22kg).
Und sie hob es auf und trug es in die Stadt; und ihre Schwiegermutter sah, was sie aufgelesen hatte; dazu zog sie heraus, was sie übrig gelassen hatte, nachdem sie satt geworden war, und gab es ihr.
Und ihre Schwiegermutter sprach zu ihr: Wo hast du heute aufgelesen, und wo hast du gearbeitet? Gesegnet sei, der sich um dich gekümmert hat.

Ruth erlebt Gnade.

„Egal wie tief wir fallen, jedes Mal landen wir wieder sanft auf Gottes Gnade.
Überall dort, wo etwas zerbricht, wartet schon die Gnade auf uns.
Am Grunde des Wortes, jedes Handelns wartet schon die Gnade auf uns.
Wenn wir scheinbar am Ende sind und alles finster ist, ist die Gnade schon da und hüllt uns in ihr warmes Licht.
Gnade dringt durch Risse und Brüche und an die finsteren Orte, sie ist Balsam für jedes wunde Herz.“
(Ann Voskamp) 1

Gnade, die tröstet.

Auch wenn Gott, wenn Jesus der beste Tröster ist, so sind wir einfach Menschen, brauchen einen Blick, eine Hand auf unserer Schulter, die uns den Trost erlebbar und greifbar macht.

Boas war so ein Mensch – und ich bin mir sicher, dass auch bei uns an jeder wichtigen Weggabelung ein Mensch steht, ein Mitmensch, der seine Rolle selbst nicht für bedeutsam hält, der aber einfach da ist mit dem, was gerade gebraucht wird, und der eine entscheidende Bedeutung bekommt.

Manchmal nehmen wir diese Menschen nicht sofort wahr, dennoch sind sie da.
Das können Menschen aus unserer Familie, aus unseren Gemeinden sein, Freunde und Weggefährten, oder auch Menschen, die uns nur kurz begegnen, die uns wohlgesinnt sind.

Sie nehmen uns nicht unseren Weg ab, nehmen uns nicht ab, dass wir Schritte gehen müssen, durch Schwierigkeiten hindurch müssen.
Aber es sind Ähren auf dem Weg, die uns kräftigen, ermutigen, aufrichten.

Egal, auf welchem Weg wir unterwegs sind, egal, wie stürmisch es ist und wie die Umstände sind -
unser Retter umgibt uns
unsere Zukunft ist gesichert
unsere Freude garantiert.
(nach Ann Voskamp) 2

Und das, weil wir einen Löser, einen Erlöser haben dürfen.

Das Besondere an unserem Erlöser ist, dass er uns nicht nur einmal in einer bestimmten Situation befreit, nein, er tut es beständig, immer wieder auf‘s Neue.

Bei ihm, meinem Erlöser darf ich Ruhe finden.

Simone im November 2018


[1] Ann Voskamp: Durch meine Risse scheint dein Licht
[2] ebd.

Fotos: privat